Das Wunschfläschchen (J. Großmann) | |
Bevor die Eisenbahnen aufkamen, vermittelten die Reischdorfer den Handel zwischen Böhmen und den übrigen Ländern. So fuhr auch einmal ein Reischdorfer nach Nürnberg. Auf der Fahrt geschah es, daß er bei eingetretenem Regen- und Sturmwetter mit seinem Fuhrwerke in einen Abgrund fiel, wobei Wagen und Rosse zerschmettert wurden. Er fluchte und jammerte, allein alles vergebens. Plötzlich fühlte er, daß ihm jemand auf die Schulter klopfte. Sich umschauend, gewahrte er einen sonderbar gekleideten Mann, der ihn fragte, welhalb er so jammere. Der Furhmann zeigte auf seinen Wagen und erzählte ihm sein Unglück. Da zog der Fremde ein Fläschchen aus der Tasche, in welchem sich ein Ding hin und her bewegte. Er sagte zum Fuhrmann, er solle ihm einen Taler hierfür geben; wenn er das Fläschchen rüttle und sich dabei etwas wünsche, so werde sein Wunsch in Erfüllung gehen. Nur müsse er das Fläschchen dann billiger verkaufen,als er es eingehandelt habe. Der Fuhrmann zahlte mit Freuden das Geld und wüschte sich das schönste Haus in Nürnberg. Dort lebte er nunmehr in Hülle und Fülle. Eines Tages aber, als er wiederum im Wirtshause saß und mit Geld um sich warf, sah er einen besser gekleideten Herrn, der ihn seltsam anblickte. Der Fuhrmann ging auf ihn zu und fragte ihn,warum er ihn so anschaue. Der Fremde erwiederte, daß ihm seine Verschwendung auffalle. "Ja", sagte der Reischdorfer, "ich habe da ein Fläschchen, damit kann ich mir alles wünschen, was ich will. Um einen Taler will ich es euch verkaufen." Der Fremde zahlte die geforderte Summe, nahm das Fläschchen,sprach einen Zauberspruch darüber, wobei es in tausend Stücke zerprang. Das darin befindliche Ding war eine Schlange, die so stank, daß der Fuhrmann in eine Ohnmacht sank. Als er erwachte, befand er sich auf der nämlichen Stelle, wo sein Gespann zu Grunde gegangen war. Er ging nach Nürnberg, um zu sehen, was aus seinen Reichtümern geworden sei. Da sah er auf dem Balkone seines Hauses eine Gestalt, die ihm zuwinkte. Er trat ins Haus; allein die Leute waren ihm fremd und die Gestalt war verschwunden. So kehrte er ebenso arm zurück, als er ausgezogen war. Quelle: Ortskunde von 1921; zur Verfügung gestellt von Frau Liesel Repas |